»... Sämtliche romantischen Anteile des Kaspers wie Gerechtigkeitssinn, Armut und etwas Verständnis für das schöne Geschlecht kamen ihm abhanden – als Kasper und als Mensch. Er wandelte sich in eine kaspertheaterfressende Bestie und nannte sich selbst »Master of Manipulation«, modernisierte seine Kasperbude dergestalt, dass er selbst mehr und mehr in digitalisierter Form als in eigener Person auftrat. Das bescherte ihm ein großes Publikumsinteresse und Bewegungsarmut, welche sich auf sein Körpergewicht, seinen Charakter und die Meinung der Theaterfachwelt positiv, im weitesten Sinne, auswirkte. Als er sich auf Grund dessen die Pflegestufe II erschwindelte, wurde ihm eine Pflegeschwester zugeteilt...«
(Hans-Jochen Menzel)
Hans-Jochen Menzel ist Professor und Leiter der Abteilung Puppenspielkunst
an der Ernst Busch Hochschule Berlin. Er ist einer der gefragtesten Handpuppenspieler Deutschlands. Sein Buch »Ich bin nicht lustig – Tagebuchfragmente eines Kaspers« ist übrigens wärmstens zu empfehlen und beim Festivalstand erhältlich.
Steckbrief:Name: Kasper, Kasperl
Herkunft: Im Gefolge von Harlekin und Pierrot, Hanswurst und Pulcinella, erblickte er Ende des 18. Jahrhunderts in Wien das Licht der Welt
Besondere Merkmale: Lange Nase, Zipfelmütze, zwei Beine im Gegensatz zu den anderen Handpuppen, Pritsche, seit Mitte des 19. Jahrhunderts ohne Buckel
Charakter: mutig, gewitzt, schlagfertig, versoffen, verfressen, unsterblich
Nach der „pädagogischen Reform“: abstinent, hilfsbereit
Klassisches Personal: Richter, Henker, Krokodil, Schutzmann, Räuber, Hexe, Tod und Teufel
Nach der „pädagogischen Reform“ hinzugekommen: Großmutter, Gretel, Seppel, Prinzessin etc.
